Donnerstag, 14. November 2013

Paso a paso ... (Teil 2: Llegando)

Geschrieben am Mittwoch, den 13.11.2013

Aussteigen und erstmal durchatmen! Bei dem Klima hier fühlt sich jeder Atemzug erstmal wie ein eigenes kleines Kräuterbad an. Die Luft ist mir so vertraut, dass ich jedesmal wieder erstmal ein bisschen gerührt bin, tatsächlich wieder da zu sein.





Im Sommer, als wir wiedereinmal hier in Urlaub waren, hatte ich die Gelegenheit, mich persönlich dem Unternehmen vorzustellen. Ich war super aufgeregt, weil ich bis dahin noch keinen blassen Schimmer hatte, was ich mir vorstellen sollte. Noch aufgeregter wurde ich, als ich die Wohnung sehen durfte, die ungefähr 30 - 40 qm fasst und für eine Person alleine, die ich während meines Praktikums ja bleiben sollte (einzige Praktikantin), eigentlich zu groß war... und dann kamen natürlich noch die zwei großen Dachterrassen mit den unglaublichen Ausblicken hinzu! Ich war ganz schön verliebt, muss man sagen. Das alles liegt im selben Gebäude, wie die Redaktion etc.

Als ich am Freitag hier ankam, ging es für mich und meine Mutter zunächst mal ans Auspacken. Zum Glück hat das Gebäude einen Aufzug, somit konnten wir uns die Treppenlauferei ersparen. Als wir fertig waren ging ich allein runter in die Redaktion und ließ mich bei einem Rundgang durch die verschiedenen Zimmer und Ebenen erstmal jedem vorstellen. Das war zunächst einmal etwas verunsichernd, auch wenn ich allgemein freundlich empfangen wurde, aber viele machten ganz schön große Augen, als sie von der Dauer meines Praktikums erfuhren. Eine meinte zum Chef "Lohnt sich!", und ich frage mich bis heute, ob sie die Arbeitskraft, meine Bekanntschaft oder die Erfahrung meinte. Von einer anderen bekam ich irgendwas im Stil "auf dass du gut durchhälst" oder so zu hören... auf meine Frage hin, ob es denn da begründete Zweifel gäbe, wurde nur ausweichend verneint. Solche Reaktionen wären für mich normalerweise kein großes Problem, da ich gegen Bedenken wildfremder Leute mir gegenüber in den meisten Fällen resistent bin. Doch in diesem Zustand- übermüdet, fremd im Land, entfernt der Heimat oder generell gewohnter Umgebung- war das schon sehr ernüchternd. (Lächeln und durchatmen, Julia, das ist alles nicht so schlimm, was sagte Müller doch gleich? "Aus Steinen, die auf deinem Weg liegen, lässt sich Schönes bauen")

Als ich wieder hoch ging, in die Wohnung, ließen die restlichen Gründe der Ernüchterung nicht lange auf sich warten. Haare. In den Waschbecken. Krümel. Auf Tischen und Küchenanlagen. Bettwäsche. Nach Ichwillesnichtmalbeschreiben stinkend.

(Lächellllln! AusSteinenaufdemWeglässtsichSchönesbauen, AusSteinenaufdemWeglässtsichSchönesbauen, AusBettwäschediestinktlässtsichSchönesbauen....) 

 Das war sicher nicht die Schuld des Verlags, das interessiert die reichlich wenig, denk ich mir. Bis vor einem halben Monat waren hier halt noch Praktikanten, die anscheinend keine Scham hatten, mir die Wohnung in diesem Zustand zu überlassen... obwooooohl sie mich im August sogar "kennengelernt" haben. Also, meine Damen... solltet ihr das durch Zufall lesen: Ih, Leute, Ih!

Zuerst einmal musste ich dringend schlafen. Ich kenn mich ja, nich? War mir vollkommen klar, dass ich mich jetzt nur weiter in die Situation vertiefen und wimmernd in der Badewanne, am Kühlschrank, im Bett..................IRGENDWO landen würde!

Nach einer Stunde Schlaf auf mitgebrachten Handtüchern und Schals machten sich meine Mutter und ich dann erstmal ans Saubermachen. Abends, als es schon dunkel war, fuhren wir in Richtung Calpe, um am Hafen essen zu gehen. Die Fahrt war schon irgendwie gruselig, denn meine Orientierung ging gegen null. Das lag daran, dass ich diese Umgebung hell erleuchtet gewöhnt bin, nun sind alle Hügel dunkel, da die Urbanisationen nunmal aus Ferienhäusern bestehen und die Leute schlicht futsch sind. Der ins Meer ragende Berg, Penon de Ifach genannt, an dessen Fuß sich der Hafen befindet, bekommt nun ebenfalls viel weniger Licht ab und ragte wie ein dunkles Ungeheuer in die Nacht.
Am nächsten Tag machten wir uns erstmal daran, Lebensmittel und Geräte einzukaufen, Geräte deswegen, weil nichts funktionierte in der Wohnung. Bei der Gelegenheit habe ich mir auch so eine beknackte Touritasse gekauft, an der ich mittlerweile sehr hänge.

Freeeeeesh (... nichtsoganz.)


Außerdem waren wir am Strand, was superschön  und superkomisch war.



Normalerweise findet sich kaum ein Platz für uns, wenn wir im Sommer herkamen, zu dieser Zeit ist er wie leergefegt. Natürlich war es kälter und windiger, als sonst. Wir konnten uns trotzdem hinlegen und eine Runde knacken. Die restliche Zeit verbrachten wir mit Besuchen uns bekannter Lieblingsstellen und dergleichen.


Abends war es seltsam am Strand. Man merkt den Herbst hier absolut. Und nicht nur, wegen des Temperaturunterschiedes. Das Licht fällt ganz anders, der Wind weht rauer, das Meer ist noch mehr Eigenbrödler, als sonst. Als die Sonne unterging, waren wir gerade spazieren und innerhalb von wenigen Minuten verfärbte sich der Himmel von einem dunklen Blau, in ein Lilagrau, zu einem Rosarot, einem Orange und schließlich wieder zu einem Blaugrau. Das war total krass!


Am Sonntagabend war ich unglaublich traurig, dass meine Mutter am nächsten Tag früh nach hause fliegen würde. Hinzu kam meine Nervosität gegenüber der anstehenden Einsamkeit. Ich war noch nie alleine so weit weg von zuhause. Nachdem ich sie morgens zum Flughafen gebracht hatte, suchte ich erstmal Trost - in einer Schachtel Zartbitter - Mikados und einer spanischen Asterix-Ausgabe.



 Ich hatte nicht viel Zeit, mich in meine Situation zu vertiefen, mein Arbeitstag fing direkt nach meiner Rückkehr nach Benissa an...